Richard Ramírez war ein US-amerikanischer Serienmörder, der völlig wahllos 14 Menschen von April 1984 bis August 1985 in Kalifornien tötete und mindestens elf davon vergewaltigte. Er geht als der „Night Stalker“ (nächtlicher Jäger) in die Kriminalgeschichtsbücher ein.
Schwere Kindheit und Jugend
Ricardo Leyva Muñoz Ramírez wird am 26. Februar 1960 als jüngstes von fünf Kindern in El Paso, Texas, geboren. Sein Vater, ehemaliger Polizist in Mexiko, ist den Kindern sehr gewalttätig gegenüber. Ramírez‘ Mutter setzt deshalb auf ihren Glauben und versucht ihre Kinder zu religiösen Menschen zu erziehen.
Das funktioniert bei Ramírez nicht. Schon als kleines Kind flieht er vor den Wutausbrüchen seines Vaters auf einen Friedhof und verbringt dort die Nächte. Den größten und prägendsten Einfluss auf ihn nimmt sein älterer Cousin Mike, ein Veteran des Vietnamkriegs. Dieser prahlt vor ihm mit Fotos, wie er in Vietnam Frauen quälte, verstümmelte und vergewaltigte. Er ist es der ihm den Umgang mit dem Messer lehrt und wie man damit tötet. Im Alter von zwölf Jahren muss Ramírez auch zusehen wie Mike seine eigene Frau erschießt. Der Cousin wird für unzurechnungsfähig erklärt, kommt für vier Jahre in eine psychiatrische Anstalt und danach wieder auf freien Fuß.
Nach dem Vorfall distanziert sich Ramírez immer mehr von seinen Eltern. Er zieht zu seiner Schwester und beginnt dort damit LSD zu nehmen. Noch bevor er in der neunten Schulstufe die Schule abbricht, arbeitet er in einem Hotel. Dort begeht er erste Diebstähle und versucht eine Frau in ihrem Zimmer zu vergewaltigen. Ihr Mann eilt zu Hilfe, das Ehepaar bringt die Tat aber nie zur Anzeige.
Im Jahr 1976 zieht Ramírez nach Los Angeles. Dort hält er sich mit kleinen Diebstählen über Wasser. Mit der Zeit wird er dabei immer selbstsicherer und verbringt in manchen Fällen sogar einige Tage in Wohnungen von Leuten, die er ausraubte.
Die Mordserie
Ramírez‘ erstes bekanntes Opfer wird erst Jahre später bekannt: Die 9-jährige Mei Leung wird im April 1984 tot im Keller eines Hotels, in dem auch Ramírez lebte, aufgefunden. Erst 2009 kann ein DNA-Abgleich Ramírez als Täter überführen.
Die offizielle Mordserie des „Night Stalker“ beginnt im Juni 1984. Ramírez bricht bei einer 79-jährigen Frau ein, vergewaltigt und ersticht sie. Es folgen zahllose weitere Einbrüche, grauenvolle Vergewaltigungen und bestialische Morde.
Ein unlösbarer Fall?
Was den Fall des „Night Stalker“ für die Ermittler so unlösbar macht: Bei den meisten Serienmördern kann man ein Muster im Tathergang oder eine Vorgehensweise bei der Auswahl der Opfer sehen. Nicht so bei Ramírez. Er wählt seine Opfer scheinbar wahllos aus – unter ihnen Frauen und Männer aller Altersstufen. Ramírez prügelt manche von ihnen zu Tode, andere erwürgt, ersticht oder erschießt er. Ob die Betroffenen bei den Übergriffen überleben, ist ihm scheinbar auch egal. Immer wieder gibt es Überlebende, die exakte Personenbeschreibungen abgeben können: lange lockige Haare, sehr schlechte Zähne, eindrucksvolle Augen. An vielen Tatorten hinterlässt er satanische Symbole, in den meisten Fällen zwingt er die Betroffenen dem Teufel Treue zu schwören.
Der Durchbruch
Am 24. August 1985 kommt es in dem Fall des „Night Stalker“ zu einem Durchbruch. Ramírez bricht in ein Haus ein, erschießt einen Mann und vergewaltigt dessen Verlobte. Die schwer verletzte Betroffene alarmiert die Polizei. Ein Jugendlicher aus der Nachbarschaft war bereits zuvor auf den Mann, der stundenlang um das Haus der Familie schlich, aufmerksam geworden und notierte das Kennzeichen des Wagens mit dem er am Ende floh. Zwei Tage später wird das als gestohlen gemeldete Auto gefunden, ein Fingerabdruck von Ramírez kann darin sichergestellt werden. Es ist der Beginn einer Großfahndung.
Nur wenige Tage später wird Ramírez in einem Geschäft in Los Angeles erkannt und flieht – ein Polizeifoto des Serienmörders von einer früheren Festnahme ist auf allen Titelblättern abgedruckt und auch im Fernsehen ist die Aufnahme überall zu sehen. Auf der Flucht versucht Ramírez immer wieder Autos kurzzuschließen, scheitert jedoch in seiner Hektik. Am Ende wird er von einem wütenden Mob aufgehalten und verprügelt. Die Polizei hat bei seiner Festnahme damit zu kämpfen, die Masse an Menschen von ihm fernzuhalten.
Der Prozess
Am ersten Verhandlungstag steht schnell fest, dass es sich bei dem Fall um keinen gewöhnlichen Prozess handelt: Ramírez hält seine Handfläche hoch, auf die er sich ein nach unten weisendes, eingekreistes Pentagramm malte – ein Zeichen des Satanismus. Seine erste Aussage ist ein Gelöbnis an Satan.
Insgesamt werden 165 Zeugen befragt, die Jury fürchtet um ihr Leben nachdem ein Mitglied tot in der Wohnung aufgefunden wird (im Nachhinein stellt sich heraus, dass Ramírez mit dem Mord nichts zu tun hatte) und ein Gefängniswärter will gehört haben, dass der Angeklagte den Gerichtssaal mit einer Waffe stürmen wolle. All das zieht den Prozess immer mehr in die Länge.
Am 20. September 1989 wird das Urteil schlussendlich gefällt: Ramírez wird wegen 13-fachen Mords, fünffachen versuchten Mords, elffacher Vergewaltigung und mehrfachen Einbruchs zu 19-fachem Tod in der Gaskammer verurteilt. Mit einer Verhandlungszeit von vier Jahren und Prozesskosten in Höhe von 1,8 Millionen US-Dollar geht somit eines der längsten und teuersten Gerichtsverfahren der amerikanischen Justizgeschichte zu Ende.
Im Gefängnis
Ähnlich wie Charles Manson oder Ted Bundy kommt auch Richard Ramírez durch seine Taten zu Ruhm. Er erhält unzählige Briefe von Frauen – eine davon, eine Redakteurin, heiratet er im San Quentin Gefängnis sogar.
Am 7. Juni 2013 stirbt Ramírez an einer natürlichen Ursache im Krankenhaus. Zu jenem Moment wartete er bereits über 20 Jahre auf seine Hinrichtung.