Zurück
 
 
Oliver Riek benötigte etwa 15 Jahre, um sich von der Gruppe der Neonazis zu lösen. Heute erhebt er seine Stimme um andere Neonazis zu ermutigen, sich ebenfalls loszusagen und vor der Gefahr, die Manipulation, Populismus und Hetze mit sich bringen, zu warnen. 

Riek wuchs in Hamburg bei seiner alleinerziehenden Mutter und seiner Großmutter auf. Die Figur des patriarchalischen Großvaters ersetzte den fehlenden Vater. Die Zeit des Großvaters in der Wehrmacht faszinierte den jungen Oliver, und er begann, sich sehr früh mit der Geschichte Nazideutschlands auseinanderzusetzen und eine Faszination für das Dritte Reich zu entwickeln. In seiner Bäckerlehre wurde er von seinem damaligen Chef weiter radikalisiert und an eine rechtsradikale Burschenschaft empfohlen, einer der gefährlichsten rechtsextremistischen Organisationen der Stadt.

 

Der Einzelgänger Oliver Riek fühlte sich dort sofort wohl und glaubte unter den Mitgliedern dieser Gesellschaft Freunde zu finden. Die Burschenschaftler waren rechtsextrem und verbreiteten ein revanchistisches Geschichtsbild, zeigten sich jedoch nicht öffentlich auf Demonstrationen. Auch klassische Markenzeichen wie Glatze, Bomberjacke und Springerstiefel lehnten sie ab. Stattdessen trug man Anzug und organisierte geheime Veranstaltungen mit SS-Veteranen. Diese wurden wie Stars behandelt, verteilten Autogramme und posierten für Fotos. Oliver Riek war durchdrungen von Hass gegen alles Undeutsche, leugnete öffentlich den Holocaust und sah im Judentum den Grund für all seine Probleme. Für Riek waren „Ausländer keine Menschen. Sie waren wie Dreck. Schlimmer als Dreck", so seine Worte kurz nach seinem Ausstieg in einem Interview.

 

Nach seiner Zeit in der Bundeswehr, die zum Ausschluss aus der Burschenschaft führte, begann er eine Ausbildung zum Restaurantfachmann, wo er erstmals gezwungen war, sich mit seinen Vorurteilen auseinanderzusetzen. Viele kleine Begegnungen, Erlebnisse und Gespräche mit Ausländern führten dazu, dass er sich schließlich ganz von der nationalsozialistischen Ideologie löste und dem Hass abschwor. Die AfD hat ihn damals als Partei abgeholt, da sie „genau die Sprache spricht, die Rechts versteht und nicht so plump daherkommt, wie die NPD“. Das macht die AfD in Rieks Augen auch so gefährlich. Auch die aktuellen Vorfälle in Chemnitz sieht er mit Sorge. Um der oft verdeckten nationalsozialistischen Propaganda entgegenzuwirken,  arbeitet er mit dem Verein „Kurswechsel“ zusammen und erzählt an Schulen von seinem Ausstieg.

 

Im Rahmen der neuen A&E-Eigenproduktion hat sich Moderatorin Esther Sedlaczek mit Oliver Riek, auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, getroffen. Er erzählt über die Mechanismen der Manipulation, über seine Erfahrungen in der rechtsextremen Szene und wie er sich schlussendlich davon loslösen konnte. „Total Control - Im Bann der Seelenfänger" läuft am 19. November als TV-Weltpremiere.