Polygamie im 21. Jahrhundert: Diese Sekten erlauben die Mehrehe
Polygamie ist in Deutschland und im westlich-europäischen Kulturraum verboten. Auch in Amerika ist das Konzept der Mehrfachehe nicht erlaubt. Trotzdem gibt es viele religiöse Gruppen, bei denen es ganz normal ist, wenn Männer mehrere Ehefrauen und zahlreiche Kinder haben.
Mormonen
Alle christlichen Glaubensgemeinschaften, die sich neben der Bibel auch auf das Buch Mormon berufen, werden offiziell als Mormonen bezeichnet. Die erste mormonische Gruppierung Church of Christ wurde 1830 gegründet. Mit rund 15 Millionen Mitgliedern ist die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (engl.: The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints; kurz LDS) allerdings die weltweit größte mormonische Gemeinschaft. Die meisten von ihnen leben in den USA, insbesondere im Bundesstaat Utah.
Die Mormonen glauben, dass der Gründer ihrer Kirche Joseph Smith Jr. durch eine Engelserscheinung auf Goldplatten aus dem 5. Jahrhundert gestoßen sei und diese ins Englische übersetzt hat. Auf diesen Texten basiert das Buch Mormon. Smith fasste zusätzlich 133 seiner Offenbarungen in einem Werk zusammen, das die Lebensweise der Mormonen festhält. Darin wird auch die Mehrfachehe als Grundstein ihrer Religion gesehen.
Auf Drängen der US-Regierung wurde die Polygamie in der mormonischen Hauptkirche 1890 abgeschafft, wird jedoch in einigen fundamentalistischen Gruppen in den USA, Kanada und in Mexiko weiterhin praktiziert.
Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen letzten Tage (FLDS)
Die Sekte hat sich bereits frühzeitig von der mormonischen Kirche losgesagt. Die Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen letzten Tage spricht allen anderen Glaubensrichtungen die Daseinsberechtigung ab und schreckt nicht davor zurück, ihre eigenen Normen und Werte auch mit Gewalt durchzusetzen. Im Zentrum ihres Glaubens steht außerdem die strikte Unterordnung von Frauen, die sich weder die Haare schneiden, noch moderne Kleidung anziehen durften. Männer können mehrere Ehefrauen nehmen, darunter oft auch minderjährige Mädchen.
Um die Anhänger von äußeren Einflüssen abzuschotten, wurden die etwa 400 Anhänger auf einer Ranch in Texas einkaserniert, die dem Anführer Warren Jeffs gehörte, der seit 2002 der religiöse Führer der Sekte ist. Auf der Ranch kam es zu zahlreichem Kindesmissbrauch, 14-jährige Mädchen wurden von 50-jährigen Männern geschwängert. Wegen dieser erheblichen Verbrechen wurde Jeffs 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Gruppe praktiziert ihren Glauben allerdings weiterhin.
Der Kingston Clan
Der Kingston Clan, oft auch als The Order bezeichnet, ist eine religiöse Splittergruppe, die aus dem Mormonentum entstanden ist. Die Gruppe wurde 1978 von John Ortell Kingston unter dem Namen Latter Day Church of Christ gegründet. Kingstons Vater war Mitglied der LDS Kirche, wurde jedoch 1929 exkommuniziert. Kingston lebte das Konzept der Polygamie weiter und hatte selbst bis zu seinem Tod 13 Frauen und dutzende Kinder. Darüber hinaus versuchte er durch inzestuöse Hochzeiten seine eigene Blutlinie „rein“ zu halten und schreckte auch nicht davor zurück, gerade einmal in die Pubertät gekommene junge Mädchen zu verheiraten.
Im Jahr 1983 klagte der Bundesstaat Utah Kingston an, da er und seine zahlreichen Ehefrauen Sozialhilfe vom Staat in Anspruch genommen hatten. Er hatte seine Frauen dazu gezwungen zu behaupten, dass sie alleinerziehend wären um die finanzielle Unterstützung der Regierung zu erhalten. 1987 starb Kingston, die Gruppe praktiziert ihren Glauben entlang der Grenze zwischen Utah und Arizona allerdings immer noch weiter. Dabei integrieren die Mitglieder sich nahtlos in die Gesellschaft, tragen moderne Kleidung und ändern teilweise sogar ihren Nachnamen, damit die Mehrfachehe und der teilweise vorhandene Inzest nicht auffallen.