Jahrelang war Warren Jeffs das Oberhaupt der Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (FLDS), bis er 2006 vom FBI auf die Liste der zehn meistgesuchtesten Verbrecher gesetzt wurde. Seit 2011 verbüßt Jeffs eine lebenslange Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen. Wer ist der Mann, der so viele Menschen auch heute noch in seinen Bann zieht?
Wie der Vater, so der Sohn
Warren Jeffs Vater Rulon Jeffs wuchs bereits im polygamen Glauben auf und erzog demnach auch seine Kinder in der Kirche. Rulon war das Kind seines Vaters mit dessen zweiter Ehefrau und trug deswegen auch die ersten zehn Jahre seines Lebens nicht den Nachnamen seines leiblichen Vaters. In seinen späten 20ern befasste sich Rulon immer mehr mit der Lehre der Kirche und nahm schließlich selbst auch eine zweite Ehefrau. Langsam aber sicher stieg er immer weiter in der Rangordnung der Sekte auf und wurde schließlich 1986 zum Führer der Gruppierung ernannt, nachdem sein Vorgänger verstorben war.
Im Alter von 92 Jahren starb Rulon Jeffs im Jahr 2002 und hinterließ dabei Berichten zufolge bis zu 75 Ehefrauen und 65 Kinder. Einige seiner Ehefrauen waren zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit nicht älter als 14 Jahre. Nach seinem Tod übernahm Warren, einer seiner vielen Söhne, die Position seines Vaters an der Spitze der Sekte.
Warren Jeffs
Warren Jeffs wurde am 3. Dezember 1955 in Sacramento im US-Bundesstaat Kalifornien geboren und verbrachte sein ganzes Leben in den Reihen der fundamentalistischen Kirche. Er stieg zum Berater des Kirchenoberhauptes, seines Vaters Rulon, auf und wurde von diesem schließlich kurz vor seinem Tod zu seinem Nachfolger ernannt. Eine der ersten Amtshandlungen von Warren Jeffs war, alle bis auf zwei der Witwen seines Vaters zu heiraten.
Als Führer der Gruppierung stand es Jeffs fortan zu, die Ehemänner für Frauen auszusuchen. Auch war er allein befugt, die Trauung der Ehepaare vorzunehmen. Zusätzlich war Jeffs als Oberhaupt erlaubt, Männer zu bestrafen, indem er ihnen die Frau und die Kinder wegnahm und sie kurzerhand einem anderen Mann zuwies. Dies galt auch für die Häuser der Mitglieder der FLDS, die fast alle nicht den Bewohnern, sondern der Kirche gehörten.
Die Macht der FLDS
Im amerikanischen Bundesstaat Utah sind mormonische Religionen weit verbreitet. Tatsächlich sind Mormonen zusammen mit dem Judentum die drittgrößte Glaubensgemeinschaft in der USA nach Protestanten und Katholiken. Die größte mormonische Kirche ist die Kirche Jesus Christi der Heiligen der Letzten Tage (LDS), die etwa 15 Millionen Mitglieder zählt. Die FLDS wiederum sind eine abgespaltene Gruppe dieser Glaubensrichtung und verfolgen einen extremen, fundamentalistischen Ansatz der mormonischen Religion.
Die FLDS herrschte lange Zeit über ein großes Gebiet in Utah: Die Städte Colorado City, Arizona und Hildale gehörten zum United Effort Plan, einer Stiftung der Kirche. Das Vermögen dieser Stiftung wird auf mehr als 100 Millionen US-Dollar geschätzt.
Vorwürfe von Kindesmissbrauch
Im Juli 2004 wurde die erste Klage gegen Warren Jeffs eingereicht. Sein eigener Neffe Brent Jeffs warf seinem Onkel vor, ihn in den 80er Jahren sexuell missbraucht zu haben. Brent war zum Zeitpunkt der Vergewaltigung gerade einmal fünf Jahre alt. 2005 wurde Warren Jeffs unter anderem dafür offiziell angeklagt und ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Als am Ende des Jahres immer noch keine hilfreichen Hinweise auf den Aufenthaltsort des Kirchenführers vorhanden waren, ließ das FBI ihn auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher des Landes setzen.
Als auch im Frühjahr 2006 noch immer keine Spur von Jeffs zu erkennen war, schaffte er es sogar neben Osama bin Laden in die Top 10 der meistgesuchten Verbrecher. Schließlich konnte er bei einer Verkehrskontrolle nahe Las Vages festgenommen werden.
Lebenslange Haft
2007 wurde Jeffs der Vergewaltigung schuldig gesprochen und zu insgesamt zehn Jahren bis lebenslanger Haft sowie einer Geldstrafe verurteilt. Während dieser Zeit wurde vermutet, dass Jeffs auch aus dem Gefängnis heraus noch die Geschäfte der FLDS leitete. Auch etliche Justizbeamte in Utah wurden verdächtigt, mit Jeffs eng verbunden zu sein und deswegen nicht angemessen zu kooperieren.
2010 wurde er schließlich nach Texas umgesiedelt, wo er sich erneut Missbrauchsvorwürfen stellen musste. Bei einer Hausdurchsuchung waren Tonbandaufnahmen aufgetaucht, auf denen Jeffs seine sexuellen Übergriffe auf zwei 12 sowie 15 Jahre alte Mädchen aufgenommen hatte, nachdem er sie vorab geheiratet hatte. Dafür wurde er im August 2011 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.