1. Peoples Temple
Der „Peoples Temple“ (Volkstempel) war die Idee des in Indiana, USA, geborenen Predigers Jim Jones. Nach außen hin ein Christ, war er in seinem tiefsten Inneren ein leidenschaftlicher Marxist und Atheist, der Religion nutzte, um seine politischen Überzeugungen zu verbreiten. Als er Mitte der 1950er Jahre die neureligiöse Gruppierung „Peoples Temple“ gründete, erntete Jones Anerkennung als erbitterter Kämpfer für Bürgerrechte und Rassenintegration. Er verpackte progressive Politik in religiöse Begriffe und sagte einmal: „Wenn du im kapitalistischen Amerika, im rassistischen Amerika, im faschistischen Amerika auf die Welt kamst, dann bist du in Sünde geboren. Aber wenn du im Sozialismus zur Welt kamst, bist du nicht in Sünde geboren.“
In den 1970er Jahren verlegte der Peoples Temple seinen Hauptsitz nach Kalifornien, wo sich Jim Jones mit anderen radikalen Aktivisten sowie prominenten politischen Persönlichkeiten, darunter Gouverneur Jerry Brown und First Lady Rosalynn Carter, vernetzte. Er wurde jedoch von Anschuldigungen über Glaubensheilungspraktiken, Korruption und Missbrauch von Tempelmitgliedern verfolgt, was ihn dazu veranlasste, die Gruppe in den Urwald Guyanas umzusiedeln.
Angekündigt als eine Art utopische Kommune, wurde Jonestown tatsächlich zu einem Ort zermürbender Arbeit und endloser Predigten des zunehmend paranoiden Jones. Verwandte von Anhängern äußerten ihre Besorgnis über das, was dort vor sich ging. Im November 1978 besuchte der US-Kongressabgeordnete Leo Ryan Jonestown, um Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen nachzugehen.
Die Reise endete in einem Blutbad, bei dem Ryan und Mitglieder seiner Partei getötet wurden. Jones erschoss sich am selben Tag, aber nicht bevor er die benommene und erschöpfte Jonestown-Gemeinde zwang, ein mit Zyanid versetztes Fruchtgetränk zu trinken, was er einen Akt des „revolutionären Selbstmords“ nannte. Insgesamt starben wegen Jim Jones 918 Menschen – darunter auch Kinder.
2. Heaven’s Gate
Der tödliche Kult, der als „Heaven's Gate“ (Himmelstor) bekannt wurde, wurde in den frühen 1970er Jahren von Marshall Applewhite und der Krankenschwester Bonnie Nettles gegründet. Sie schmiedeten eine enge Verbindung, basierend auf einem Sammelsurium von „esoterischen Geheimnissen“, wie Applewhite es später ausdrückte. Ihr Glaube stützte sich auf christliches apokalyptisches Gedankengut, Science-Fiction und Ufologie, wobei das Paar davon überzeugt war, dass ihr Schicksal vorsah, zur „nächsten Ebene“ aufzusteigen, indem sie sich buchstäblich in Außerirdische verwandeln und in einem Raumschiff davonfliegen würden.
Sie führten ein Nomadendasein in ganz Amerika, verbreiteten die Botschaft und fanden immer mehr Anhänger. Ihre Bindung war eng, aber platonisch. Applewhite hatte sich zuvor scheiden lassen, nachdem eine Affäre mit einem männlichen Studenten ans Licht gekommen war. Seine gequälte Beziehung zu seiner eigenen Sexualität floss in den Glauben der Sekte ein: Die Gruppierung verbot Sex ausdrücklich – Applewhite selbst wurde chirurgisch kastriert.
Der Tod von Bonnie Nettles an Krebs im Jahr 1985 zwang Applewhite, das Glaubenssystem der Gruppe zu überdenken. Er lehrte, dass der Aufstieg nicht physisch sein muss; es könnte auch bedeuten, dass der Geist das Gefäß des Körpers hinter sich lässt, wie im Fall von Nettles.
Diese Verschiebung in Applewhites Ideologie hatte 1997 entsetzliche Konsequenzen für die Gruppe. In dem Glauben, dass ein außerirdisches Raumschiff neben dem Kometen Hale-Bopp flog, der die Erde passierte, entschieden sich die Mitglieder des Kults, sich das Leben zu nehmen, damit ihre Seelen an Bord des Raumschiffs gehen konnten.
Insgesamt töteten sich 39 Menschen – einschließlich Applewhite – im Hauptquartier der Sekte in San Diego, indem sie eine Mischung aus Drogen und Alkohol zu sich nahmen. Sie trugen identische schwarze Uniformen und Nike-Turnschuhe sowie Armbänder mit der Aufschrift „Heaven's Gate Away Team“.
Diese „Star Trek“-Referenz hatte eine besonders düstere Resonanz, weil einer der Toten der Bruder von Nichelle Nichols war, die in der Originalserie Uhura gespielt hatte.
3. NXIVM
Eine besonders surreale Nachricht der letzten Jahre war die Verhaftung von Allison Mack, ehemaliger Star des erfolgreichen Superhelden-Dramas „Smallville“, im Jahr 2018 wegen Sexhandels. Der Skandal kam im Zuge der Enthüllungen rund um die Sekte NXIVM zu Tage (ausgesprochen nex-ium).
Die Sekte wurde 1998 von Keith Raniere, der zuvor wegen der Führung eines Pyramidensystems in Schwierigkeiten geraten war, und seiner Mitarbeiterin Nancy Salzman gegründet. NXIUM mit Sitz im US-Bundesstaat New York verkaufte sich als Personalentwicklungsunternehmen und bot „Executive Success Programs“ für ein elitäres Klientel an. Prominente Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, der Politik und des Showbusiness kamen so mit Raniere und seiner Organisation in Kontakt – so auch Allison Mack.
Hinter seiner glänzenden Firmenfassade und seinem scheinbar gesunden Interesse an Wellness und Empowerment beherbergte NXIVM eine finstere Sekte namens Dominus Obsequious Sororium (ungefähr „Meister der gehorsamen weiblichen Gefährten“). Es tauchten Anschuldigungen auf, dass Frauen in dieser „Schwesternschaft“ effektiv als Sexsklavinnen gehalten wurden, einige angeblich sogar mit seinen Initialen gebrandmarkt.
Raniere wurde verhaftet, als er versuchte, sich einer Überprüfung in Mexiko zu entziehen, und wurde schließlich wegen zahlreicher Anklagepunkte, darunter Sexhandel und Erpressung, für schuldig befunden und zu 120 Jahren Gefängnis verurteilt. Allison Mack, die eine hochrangige Persönlichkeit in der geheimen Schwesternschaft gewesen sein soll, bekannte sich der Erpressung schuldig und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.
4. Die Manson-Family
Oberflächlich betrachtet war Charles Manson der archetypische Hippie der 1960er Jahre – ein Musiker mit struppigem Haar, ein Fan der Beatles und der Beach Boys und ein treuer Anhänger der Bohème-Subkultur von San Francisco. Doch als er anfing, seine heute berüchtigte „Familie“ aus freigeistigen Hippies zu gründen, war er bereits ein gewohnheitsmäßig gewalttätiger Krimineller mit Verurteilungen wegen bewaffneten Raubüberfalls.
Für Manson bot der Zeitgeist der 1960er Jahre den perfekten Deckmantel, um die beeinflussbaren Träumer und Aussteiger um ihn herum zu manipulieren. Er etablierte sich als Guru und bewaffnete das gegenkulturelle Ethos der damaligen Zeit, um die messianische Kontrolle aufrechtzuerhalten. Er ermutigte seine „Familie“ dazu, halluzinogene Drogen zu nehmen, und predigte von einem bevorstehenden Rassenkrieg in Amerika, den er „Helter Skelter“ nannte (nach dem gleichnamigen Song der Beatles).
Es wurde spekuliert, dass diese apokalyptischen Ideen das berüchtigtste Verbrechen der Familie Manson motivierte: das Massaker an Filmstar Sharon Tate und ihren Freunden im August 1969.
Obwohl Manson nicht im Haus der Tates anwesend war, wurde er schließlich wegen seiner Beteiligung an dieser und anderen Gräueltaten verurteilt. Während seiner Jahrzehnte hinter Gittern blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 2017 eine Art amerikanisches Schreckgespenst, das in der Popkultur endlos mythologisiert wurde.